Eindrücke vom Jahrestreffen in Buer und Gedanken zu 5 Jahren DSS
Geburtstage sind ein Grund zum Feiern, Jubiläen ein Anlaß, Rückschau zu halten. Aber ist eine Fünfjährige wie unsere Society eigentlich schon eine richtige „Jubilarin“? Mit fünf Jahren hat man laufen gelernt, kann einigermaßen sprechen und ist dabei, die Welt zu entdecken. Langwieriges Rumgelaber der sogenannten „Erwachsenen“ findet man wohl allerdings eher einschläfernd – lieber Spiel und Spaß, Sport und Party, neue und alte Freunde, ordentlich Krach machen und ganz lange Aufbleiben! Und unser sechstes Jahrestreffen, das heuer vom 10. bis 12. Juni in Gelsenkirchen-Buer über die Bühne ging, war in diesem Sinne eine absolut perfekte Geburtstagsfeier, dank Papa Jupp und natürlich Onkel Frank…
Noch bevor es am Freitag richtig losging, war alles schon so, wie es sein sollte: Wiener sitzen ja immer im Kaffeehaus, und weil es am Marktplatz in Buer davon ein besonders schönes gibt, war es keine Überraschung, daß man dort bereits auf die am Vormittag eingeflogene österreichische Abordnung traf. Unser Gastgeber Andreas „Jupp“ Est geleitete uns zu unserem Quartier Haus Heege, einem geräumigen (und an Wochenenden zumeist verwaisten) Tagungszentrum am Stadtrand. Dort hieß es dann „auf die Pferde!“. Beziehungsweise Drahtesel – denn mehrheitlich per Fahrrad ging es zu unserer ersten Station, der sogenannten Scholvener Halde, mit 140 Metern die höchste Erhebung im Stadtgebiet, Überbleibsel der großen Zeit des Steinkohlebergbaus. Eine schweißtreibende Bergankunft blieb unserer „Tour de Frank“ freilich erspart, denn vom Fuße der Abraumhalde, die der Deutschen Steinkohle AG gehört und normalerweise nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist, ging es bequem per Minibus aufwärts.
Von dort oben hat man nicht nur einen tollen Blick auf die Umgebung des – man kann es nicht oft genug sagen – gar nicht grauen Ruhrgebietes und seine industriell geprägte Kulturlandschaft, mit den vielen sich kreuzenden Verkehrsadern aus Kanälen, Autobahnen und Eisenbahnstrecken, sondern am Gipfelkreuz kann man auch ganz prima Pressekonferenz spielen! Zu diesem Zweck hatte Jupp nämlich Reporter und Photographen der „Westdeutschen Allgemeine“ einbestellt, um unsere Truppe mitsamt mitgebrachten Sinatra-Requisiten ausgiebig abzulichten und auszufragen.
Dann gingen wir der Sache auf den Grund, sprich, in die Halde hinein. In ihrem Inneren befindet sich nämlich seit einigen Jahrzehnten ein riesiger Wasserspeicher der Firma Gelsenwasser, ein natürlich gekleideter Hochbehälter sozusagen, der mit Hilfe eines ausgeklügelten Röhrensystems für die Trinkwasserversorgung weiter Teile des Umlandes zuständig ist. Seine Entstehung und die technischen Hintergründe wurden uns von einem der zuständigen Mitarbeiter anschaulich erläutert. Das wichtigste, was wir dort gelernt haben, war natürlich, daß auch die König Pilsener Brauerei von dort aus versorgt wird, und mit deren Erzeugnissen würden wir ja später noch Bekanntschaft machen…
Auf der Rückfahrt hatte sich der Himmel bedrohlich verfinstert, doch ging der schlimmste Gewitterschauer knapp an uns vorüber, so daß wir nach knapp halbstündigem Zurückradeln durch hochalpines Straßengelände (mit Steigungen von bis zu 50 Zentimeter pro hundert Meter) wieder unser Quartier erreichten. Der Abend gehörte dann ganz der Geselligkeit und dem leiblichen Wohl – in einem gemütlichen Lokal in der Buerer Innenstadt. In der „Hexe“ erwartet einen freilich keine Zauberei, sondern leckere bodenständige Küche und lockere Atmosphäre, in der auch noch einige von weiter her angereiste Nachzügler zu uns stießen. Und am späten Abend zurück im Haus Heege mußte natürlich noch der Barraum mit Beamer und Leinwand getestet werden. Von wem die Musik stammte, versteht sich wohl von selbst…
Samstag, zweiter Teil der „Tour de Ruhr“, und zur Freude der meisten Teilnehmer (man solls ja nicht übertreiben) im bequemen Reisebus ging es zum Höhepunkt des Besichtigungsprogramms: Die „Zeche Zollverein“, die zum Stadtgebiet von Essen gehört, ist ein Industriedenkmal ersten Ranges und zählt seit einigen Jahren zum UNESCO-Weltkulturerbe. Eine ausführliche gut zweistündige und äußerst sachkundige Führung führte uns nicht nur auf schwankenden Pfaden hinter die Kulissen der in den Achziger Jahren stillgelegten riesigen Förderanlage und Kokerei, sondern zeigte uns auch die einzigartige Architektur der Anlage und regte zum Nachdenken über die mit ihrer Erhaltung verbundenen Probleme an.
Von dort ging die Fahrt nach Oberhausen zum „Centro“, einem multifunktionalen Einkaufs- und Freizeitzentrum auf dem Gelände einer alten Industriebrache, das zum Symbol erfolgreichen Strukturwandels in der Region geworden ist. Wer wollte, konnte mit dem nahen Gasometer ein weiteres Industriedenkmal von außen, innen und oben besichtigen. Nur von außen hingegen bestaunen konnten wir, zurück in Gelsenkirchen, die moderne „Arena AufSchalke“, denn der Fußballtempel war aufgrund eines bevorstehenden Konzertes von U2 komplett abgeriegelt. Entschädigung dafür bot aber nicht nur ein Blick ins alte Parkstadion direkt nebenan, sondern natürlich auch die sichere Gewißheit, daß Sinatra gegen Bono im Duell „I’ve Got You Under My Skin“ 1993 glatt mit 10:0 gewonnen hat…
Gearbeitet wurde am Samstag nachmittag natürlich auch noch, bei der offiziellen Jahresversammlung im Haus Heege mit Vorstands- und Kongreßwahlen, über deren Verlauf und Ergebnisse Euch das Protokoll im einzelnen unterrichtet. Zum zügigen Ablauf trug sicher auch bei, daß im Tagungszimmer nebenbei von fleißigen Händen des Küchenteams der „Hexe“ bereits das Abendessen bereitgestellt wurde, in Form eines üppigen warmen Buffets, das seinesgleichen suchte. So gestärkt ging es dann natürlich wieder zum Musiktresen nebenan, um eine Reihe von Sinatra-Konzertfilmen gemeinsam zu genießen. Dabei zeigte sich, daß wir inzwischen auch technisch perfekt ausgestattet sind: Und daß nicht nur, weil wir neuerdings einen professionellen Soundlaborleiter unter den Mitgliedern haben. Der Beamer akzeptiert die DVD nicht? Kein Problem, per mitgebrachtem Laptop wird rasch eine neue Kopie gebrannt, und schon geht’s weiter. Und weiter und weiter… denn die Zeit verging mal wieder im Fluge, und als die letzten „let’s call it a day“ sagten, war die Sonne in der Tat schon wieder aufgegangen.
Kurzum, es war ein rundrum tolles Wochenende, mit vielen alten und vielen neuen Gesichtern, insgesamt über 20, die Buer zum bislang bestbesuchten Jahrestreffen machten. Und daß sich der Besuch lohnte, dafür gebührt an dieser Stelle unserem Gastgeber Andreas Est nochmals ein ganz großes Dankeschön. Chapeau!
Und vor fünf Jahren? Schon länger hatte es Initiativen im Internet gegeben (von Marcus Prost, Sascha Kohler und Andreas Kroniger), am 5. August 2000 dann traf sich ein knappes dutzend Sinatrabegeisterter erstmals hier in Fürth, um die Gründung unserer Society zu vollziehen. Gefeiert wurde anschließend in meinem Wohnzimmer. Auch damals schon bis zum Morgengrauen. Und was ist sonst aus den Ideen von damals geworden? Ich möchte meinen, eine ganze Menge. Neue Freundschaften sind gewonnen, ein Netzwerk aus Kontakten und Kompetenzen ist entstanden, von dem, so denke ich, nicht nur unser persönlicher Horizont profitiert, sondern auch „unsere Sache“, nämlich das Andenken an Frank Sinatra und die Pflege seines künstlerischen Erbes im deutschsprachigen Raum. Und in mein Wohnzimmer würde die versammelte DSS-Mitgliederschar schon lange nicht mehr passen: Das ist das schönste daran. Wie das wohl erst werden wird, wenn wir mal erwachsen sind?